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SOKO L!NX: Blosz kein Stresz (Review)

Artist:

SOKO L!NX

SOKO L!NX: Blosz kein Stresz
Album:

Blosz kein Stresz

Medium: CD/Download/LP+DL-Code
Stil:

Deutschsprachiger Punk-Pop, bis 'die Ärzte' kommen

Label: Bakraufarfita Records
Spieldauer: 37:04
Erschienen: 26.06.2024
Website: [Link]

„Die Teletubbies des Elektro-Punk mit Alditüte und gelegentlichen Rap-Ausflügen sind zurück! Nach der Kampfansage AUF DIE FRESZE. FERTIG. LOS! (2022) heiszt es nun auf einmal BLOSZ KEINEN STRESZ. Ein Miszverständnis? Laut SOKO LiNX schon. Denn mit AUF DIE FRESZE meinte die Band lediglich, dasz sie ausschlieszlich mit Masken in Erscheinung treten wird. Und die ergeben nun mal über der Fresze mehr Sinn als an den Füszen. Völlig logisch! Oder?“ (Eigendarstellung der SOKO L!NX unter ihrer Homepage)

Nun ist es aber gehörig in der Klemme, dieses ungewöhnliche Leipziger Polit-Pop-Punk-Electro-Trio, das mit pfiffigen, aber oft auch extrem linksgerichteten Texten daherkommt und sich SOKO L!NX nennt und dabei sich und jegliche Staatsgewalt samt deren 'Durchsetzer' auf die Schippe nimmt und gleichfalls durch den Kakao, der sich ja bekanntlich durch die Farbe braun auszeichnet, zieht (Original-Text des Pressetextes: „Seit geraumer Zeit ermittelt die staatliche Exekutive bezüglich einer Bandenmusikalität in den eigenen Reihen. Nachdem in einer internen Studie festgestellt werden konnte, dasz es innerhalb der Behörde keinen strukturellen Raszismus gibt und neonazistische Gesinnungen bei den Beamt:innen keine Rolle spielen, überprüft die Administration aufgrund verschiedener Hinweise aus der Bevölkerung die Dienststellen auf linksextremistische Strömungen hin.“).
Denn alles Linke schwächelt derzeit gehörig - und selbst das Herz vieler ist anscheinend, um zu schlagen, in Richtung rechts gewandert.
Wobei aber immer die Frage offen bleibt: „Wer hat damit angefangen?“


Und beantwortet man diese Frage aus rein musikalischer Sicht, dann kommen einem sofort DIE ÄRZTE in den Sinn – oder besser: die SOKO L!NX ist die linke (und ebenso ironische) Entsprechung des musikalischen Mediziner-Trios, das im Gegensatz zu den drei Leipzigern zwar ohne Maske, aber mit ähnlich einfallsreichen, gepfefferten, polarisierenden Texten auftritt, die sich neben den seltsamen Zeitgenossen, welche unser Land mit seinen verbürokratisierten Bildungs- („Bildung heiszt Föderalsystem / Schulabbruch 2010...“ aus „Wahre Gesellschaft (Teil 95)“ und Sozialsystemen („Über andere sich erheben / Weiter nach mehr Reichtum streben / Dicker wird die Wohlstandsplauze / Wer hat damit angefangen?“ aus „Wer hat damit angefangen?“) so hervorbringt, eben auch immer wieder unser „LaLa-Lobbyland“ auf's Korn nehmen.


Aus politischer Sicht gehen SOKO L!NX diesbezüglich aber noch ein gehöriges Stück weiter als die Musik-Akademiker. Denn hier trifft Sarkasmus auf's wahre Leben der politischen Gesinnungen und ironische Hasstiraden auf die wahre üble Hetze der digitalen wie realen Welt.
Das ist mutig – und damit macht man sich garantiert nicht nur Freunde. Allerdings muss man klar sagen, dass solche Hetzer wie FEINE SAHNE FISCHFILET (die einem durchaus bei SOKO L!NX in Erinnerung kommen könnten), welche ihr Fähnchen je nach Strömungsstärke mal in die eine und dann in die andere Richtung (wofür ihr Frontmann Monchi als geläuterter Nazi aus der Rostocker Hooligan- und Ultra-Szene, der zum Extrem-Linken wird, das beste Beispiel ist) hängen, Hauptsache man kann selber hetzen oder in seinen Konzerten zum Bau samt Anleitung für Molotow-Cocktails aufrufen, die man dann auf alle als Nazi empfundenen Zeitgenossen schleudert und das als große Kunst verkaufen, sind SOKO L!NKS im Grunde fremd. Denn deren Humor, gepaart mit provokanter Bissigkeit (Ohne zu fragen: Darf man das?) ist schon einmalig und erfreut mehr, als dass es einen zur Gewalt gegen seinen Gegenüber, der gerade nicht so tickt wie man selber, aufruft. Das ist echte Kunst – bestes Beispiel hierfür ist der wohl extremste Song des Albums „Nazis töten!“, bei dem als zusätzliche Sängerin die deutsche Rapperin YETUNDEY mitmischt: "Ich wünsch dir nichts, nichts für dich und deine Hetzerkinder / Noch nicht mal den Tod, doch wenn er dich holt holy sinner / Geniesz deine 72 Schnitzel im Himmler" (Herrlich diese Sprachspielereien, in denen sogar aus dem Himmel der massenmordende, schreckliche Reichsführer der SS werden kann!)

Und dann kommt da noch eine Frage auf, wenn man die fein gestaltetet LP im Gatefoldcover samt bedruckter Innenhülle und einem achtseitigen (!!!) LP-Einleger, inklusive aller Texte, in den Händen hält:
Sind SOKO L!NX etwa auf Mallorca-Trip?
Das vermeint man zu denken, schaut man sich nur genauer die Motive des Albums und besonders des LP-Einlegers an. Aber auch hier – selbst bei der Album-Gestaltung – schlägt wieder der grenzenlose Sinn für Humor durch, den man im Grunde, wenn man sich gerne mit spitzbübischen Sprachexkursionen durch die deutsche Stiefmuttersprache auseinandersetzt, lieben muss.

Und diesbezüglich sollten wir dem Trio hier gleich noch einmal das wortwörtliche Wort erteilen: „Auf BLOSZ KEINEN STRESZ schmeiszt SOKO L!NX erneut ungefragt mit Lebensweisheiten und Gedankenexperimenten um sich. Es geht um die Widrigkeiten interkontinentaler Flugreisen über den Atlantik, um leerstehende Wohnungen, die in Anbetracht der Urbanisierung in hiesigen Groszstädten wohl eher eine preziöse Rarität geworden sind, und um unsägliche Heckscheibenaufkleber neurechter Kartoffeln. Es geht um durchzechte Nächte in einer nordsächsischen Kleinstadt, die stets damit enden, allein in einem Doppelbett emotional zu verkümmern. Dabei möchte der liebeshungrige Heteromann doch gar nicht viel. Nur eine Freundin ohne Tier. Denn Tiere gehören weder in die Bude noch in den Zoo, geschweige denn auf den Teller.


Allumfaszende Sozialkritik in Leidkultur! In einer traurigen Ballade über einen miszglückten Schüttelreim wird fachkundig über das Für und Wider maskuliner Masturbation sinniert und diskursiv disputiert. Inhaltlich und philosophisch abermals der eigenen Zeit voraus. Na klar! Oder?“

Nun aber sollten wir zum Ende hin noch zu einem echten Problem kommen, das da bisher noch hinter dem politischen Horizont auf die SOKO L!NX lauert, denn...

...für zukünftige Verhältnisse ist der gewählte Band- im Grunde ein Scheiß-Name, denn die Linken (Ausrufezeichen hin oder her, hoch oder runter) kacken politisch komplett ab – jetzt ist die Zeit einer Sarah Wagenknecht angebrochen, die ihre Partei narzisstisch gleich nach sich BSW (Bündnis Sarah Wagenknecht) nennt. Aber bitte auf keinen Fall mit BMW verwechseln – da liegen dann doch Welten dazwischen. Die Einen sind auf Profitoptimierung, die Andere ist auf machtoptimierende Profitverschleuderung aus. Und dazwischen SOKO L!NX, die tatsächlich Texte zum Schmunzeln genauso wie zum Angepisstsein raushauen und hierbei echt poetisches Talent beweisen. Nur vielleicht sollten sie nunmehr darüber nachdenken, sich besser SOKO BSWarn!X oder so ähnlich zu nennen. Der zwischen eiskalt und kühl agierenden Sarah samt ihrem greisen Ex-SPD-Mann würde es bestimmt gefallen, während sie Oberemanze Alice Schwarzer nochmal erklärt, wie rum man bei Friedensdemonstrationen sein Mikro zu halten hat...
Sowas geht eben nur im LaLa-Lobbyland, in dem man immer dachte, dass man alles darf, so lange man auch ordentlich genderte – nur das mit der „Todesstrafe für alle“, selbst wenn man sich einen BLUTHUND (und sogar HENRY VALENTINO & USCHI) zur Unterstützung holt, wird’s wohl doch nichts werden, auch wenn man mit solchen Aufklebern auf seiner Mega-Karre durch die Welt brettert.


FAZIT: „Blosz kein Stresz“ ist eine lustige Anspielung, die einem beim Hören des aktuellen (zweiten) SOKO L!NX-Albums eher welchen bereitet, bei all den textlichen Provokationen, mit denen die drei maskierten Leipziger so um sich werfen. Oft verbreiten SOKO L!NX sogar eine echtes TRIO-Flair, auch wenn's bei dem Leipziger Trio nicht um das große „Da Da Da – ich lieb dich nicht, du liebst mich nicht“ geht, sondern viel mehr um das „Da Da Da – bist du und ich bin (SOKO) L!NX“ geht. Und verdammt nochmal, das macht echt ähnliche Freude wie bei TRIO und textlich wie musikalisch werden viele urplötzlich auch spätestens nach „Wer hat damit angefangen?“ einige PRINZEN-Parallelen für sich entdecken. Aber vor allem jede Menge DIE ÄRZTE oder BLINK 182 sind bei den drei Jungs, die grundsätzlich maskiert auftreten (Ist das eine Marotte oder doch eine Sicherheitsmaßnahme bei diesen Texten – denn bekanntlich sind waschechte Nazis, denen dieses Leipziger Trio gehörig aufstoßen könnte, ja nicht für ihren Sinn für Humor bekannt...), auszumachen. SOKO L!NX kreieren jedenfalls knackigen Pop-Punk mit bissigen deutschsprachigen Texten. „Blosz kein Stresz“ ist ein Album geworden, das die Einen sicher als übles linkes Machwerk, die Anderen aber als meisterhafte Persiflage auf hohem Niveau zu den Zeichen, die diese Zeit in unserem Land nicht gerade von allererster Güte aussendet, bezeichnen. Dieses Album mag man oder hasst man – oder man hat in diesem Falle die schwer Aufgabe, es als Redakteur zu kritisieren. Doch so schwer machen es einem SOKO L!NX dann doch nicht – denn erstens: Die Jungs haben es handwerklich wie lyrisch drauf und zweitens: Sie verlieren dabei nie ihren Sinn für Humor, obwohl sie trotzdem wild um sich treten und damit garantiert einige von den Ärschen treffen, die sich gerade ihre schwarzen Fussel von der weißen Weste wischen.

PS: „Sowieso bleibt SOKO L!NX den Bühnen treu und spielt dort, wo sie gastfreundlich empfangen wird, um ihre Musik einem intereszierten und wohlwollenden Publikum vorzutragen. Denn der sokolinxsche Backkatalog enthält nach wie vor fast nur tanzbare Gaszenhauer mit meist politischen Botschaften, die unter das Volk gebracht werden wollen.“ Und hier sind SOKO L!NX, die übrigens seit Dezember 2019 als maskiertes Trio aktiv sind, definitiv gastfreundlich auf Tour, denn schließlich sind sie „eine Bande, die gitarrenlastige Musik unter die Bevölkerung bringt. Mit schnellem Beat, elektronischer Umrahmung und mehrstimmigen Gesang köderten die Täter:innen ihr Publikum auch schon auf einigen Livekonzerten.“ Und vielleicht taucht ja auch mal wieder der Ober-Prinz SEBASTIAN KRUMBIEGEL bei ihnen auf:


29.06.24 Lübeck, Treibsand
21.09.24 Meißen, Buntes Meißen
25.10.24 Weimar, Mascha
30.11.24 Münster, tba
13.12.24 Hannover, Faust
20.12.24 Leipzig, Werk II

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 939x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 11 von 15 Punkten [?]
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Tracklist:
  • Seite A (18:01):
  • 1000 Einzelfälle
  • Fot
  • Wer hat damit angefangen?
  • Nazis töten! (feat. Yetundey)
  • Oversize-Pullover
  • Wertlos (feat. Montreal)
  • LaLa-Lobbyland
  • Seite B (19:03):
  • Verhältnis zum Quantum der Ursache
  • Hangover Boy
  • Möszenmarder (feat. Supernichts)
  • Unter Wölfen
  • Jetlag
  • Wahre Gesellschaft (Teil 95)
  • Todesstrafe für alle (feat. Bluthund)
  • Das letzte Lied

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
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